Lernen und LehrenSieben Lehrhacks für den Schulalltag

Kennst du diesen Moment? Du liegst im Bett, die Mühen des Tages haben dich niedergestreckt, du starrst stumm an die Decke und weißt nicht, ob du noch Kurzvideos scrollen oder mal ein Buch lesen sollst?
Dann entscheidest du dich, doch schlafen zu gehen und die Gedanken kreisen: Habe ich für alle Stunden meinen Unterricht vorbereitet? Muss ich früher aufstehen, weil ich noch kopieren muss? Habe ich den Elternbrief schon verfasst? Und während du dich zwischen schlechtem Gewissen und mentaler To-do-Liste hin und her drehst, wünschst du dir insgeheim: Irgendetwas müsste doch diesen Schulalltag einfacher machen.
Wir brauchen einfache und smarte Ideen, die genau dann greifen, wenn der Kopf voll ist und die Zeit knapp. Genau darum geht’s bei Lehrhacks. Sie bringen Struktur in die Vorbereitung, Ruhe in den Unterricht – und manchmal sogar ein bisschen Gelassenheit ins Gedankenkarussell um Mitternacht.
Meine Lehrhacks
Jeder von uns wünscht sich einen leichteren Alltag. Ich meine – wer steht morgens auf und denkt sich: Ja, heute mache ich es mir besonders schwer? Das Schwierige an der Sache ist nur: Genau das machen wir oft. Unbewusst. Aus Gewohnheit. Oder weil das Altbewährte aus dem Referendariat zwar schick aussieht, aber im Alltag viel zu komplex durchzuführen ist. An der Stelle frage ich mich oft: Muss das dann sein? (Rhetorische Frage. Natürlich nicht.) Der erste Schritt liegt also nicht in der Materialschlacht, sondern in der Entscheidung: Ich darf es mir leichter machen. Und dann: gezielt nach den kleinen Dingen greifen, die genau das ermöglichen: Lehrhacks.
Hier sind einfache und schnell durchführbare Tipps, die euch den Lehrkräftealltag erleichtern:
- 1 Arbeitsblatt mit QR-Codes und Arbeitsaufträgen: Stellt digitale Inhalte per QR-Code bereit und lasst die Schülerinnen und Schüler eigenständig daran arbeiten. Wichtig: Wählt verschiedene Aufgabenformate (z. B. Video, interaktive Aufgaben, Lexikonartikel), um Motivation und Tiefe zu sichern.
Der Lehrhack funktioniert gut ab Jahrgangsstufe 7 – sofern du gelegentlich per Classroom Manager einen Blick hineinwirfst. - 2 A Classic: die Buchstunde: Mir war schon früher nicht klar, wieso eine klassische Buchstunde so verpönt ist. Aus meiner Sicht ist sie unterschätzt und extrem effektiv. Das Schulbuch ist da, es erfüllt den Lehrplan und es steht jedem und jeder zur Verfügung – analog und inzwischen auch digital. Wenn die Schülerinnen und Schüler das Buch dabeihaben und du weißt, wo du sie abholen willst, kann nichts schiefgehen. Einfach, wirkungsvoll und lehrplanerfüllend. What else to wish for?
- 3 Use protection: Ja, ha ha. So meine ich das doch gar nicht, wobei doch: immer verhüten. Aber in diesem Fall meine ich unsere wertvollen Ohren. Der Lärmpegel ist in der Schule manchmal so enorm, dass das Lehren zu einer Mammutaufgabe wird. Vor allem Gruppenarbeitsphasen bei den Kleinen können manchmal anstrengend werden. Es gibt Gehörschutzstöpsel, die eine starke Lärmumgebung eindämmen, aber die wesentlichen Geräusche nicht unterdrücken.
Hier für euch ein paar hilfreiche Online-Tools zur Regulierung der Lautstärke im Klassenzimmer: https://toonoisyapp.com (kostenpflichtig), https://bouncyballs.org (kostenfrei) und https://www.classdojo.com (kostenpflichtig). - 4 Das wertvollste Gut: die Stimme: Unsere Stimme ist das wertvollste Werkzeug, das wir haben – und gleichzeitig das meistbeanspruchte. Je mehr du redest, desto mehr leidet sie. Natürlich spricht niemand den ganzen Tag in Zimmerlautstärke. Wenn ein Schüler oder eine Schülerin zum dritten Mal ansetzt, den Radiergummi aus dem Fenster zu werfen, dann bittest du ihn oder sie nicht mehr flötend im Sopran, es zu unterlassen. Manchmal wünsche ich mir ernsthaft ein Keyboard vorne auf dem Pult – wie bei TV Total damals: eine Taste für den „Tusch“, eine für das „Buh“. Klare visuelle oder auditive Zeichen (z. B. Handheben, Licht dimmen, ein Gong oder ein Timer auf dem Bildschirm) statt ständiger mündlicher Aufforderung sind aber auf jeden Fall schon mal ein Anfang.
- 5 Lehrkraft mit Erinnerungslücke: Manchmal will man einfach mehr hören als ein Schulterzucken oder „Keine Ahnung“ – besonders, wenn es ums Wiederholen oder Zusammenfassen geht. Ein kleiner Trick, der fast schon schauspielerisches Talent erfordert: Tu einfach so, als wüsstest du gar nichts. Ich bin neulich in die Klasse spaziert und hab ganz trocken gesagt: „Sorry Leute, ich bin völlig raus – ich weiß gar nicht mehr, was wir letzte Woche in Deutsch gemacht haben, nur der Begriff Gliederung dämmert mir noch.“
Erst haben meine Schülerinnen und Schüler mich verwirrt angeschaut. Dann haben sie’s mir erklärt. Alles. Von vorne. Und zwar besser, als sie es je auf Zuruf getan hätten. Der Clou: Sie glauben, sie helfen dir – dabei holen sie sich selbst das Wissen zurück. Win-win würde ich sagen! - 6 Setz dich mal hin, Zefix! Uns fällt es oft gar nicht auf – aber wir rennen im Klassenzimmer den ganzen Tag hin und her. Von Tisch zu Tisch, vom Fenster zur Tafel, zurück zur Tür, dann wieder zu den Schülerinnen und Schülern. Währenddessen erklären wir, korrigieren, beruhigen, motivieren, fuchteln wild mit den Händen, scannen gleichzeitig Blickkontakte und überlegen nebenbei, was die 7b wohl gerade im Raum nebenan anstellt. Kurz: Wir sind das wandelnde Chaos. Und das überträgt sich. Hektik erzeugt Hektik. Wenn wir dauernd in Bewegung sind, wirkt das auf Schülerinnen und Schüler nicht „engagiert“, sondern „gestresst“. Und Stress färbt ab. Deshalb: Setz dich mal hin und entschleunige! Wirklich. Einfach. Hinsetzen. Nicht, weil du fertig bist. Sondern damit Ruhe entsteht. Wenn die Lehrkraft sitzt, wirkt das wie ein kollektives Signal: Jetzt wird gearbeitet. Jetzt läuft’s. Du beobachtest, steuerst – aber du bist nicht mehr der umherspringende Flummi im Raum.
- 7 Sei kriminell und stiehl! Klingt dramatisch, ist aber harmloser, als es wirkt. Der effizienteste Lehrhack im gesamten System ist und bleibt: Materialklau – natürlich legal und kollegial. Wir müssen dringend aufhören, Unterricht immer im stillen Kämmerlein neu zu erfinden. Viel sinnvoller ist es, sich regelmäßig zusammenzusetzen, Materialien zu tauschen, Themen gemeinsam aufzuarbeiten, alte Arbeitsblätter zu entstauben oder mit einem frischen Blick zu überarbeiten. Es spricht absolut nichts dagegen, zur engagierten Kollegin zu gehen, ihr einen Kaffee hinzustellen und freundlich zu fragen: „Sag mal, du hattest doch mal diese starke Bismarck-Stunde – würdest du die mit mir teilen?“ In neun von zehn Fällen bekommst du nicht nur die Stunde, sondern einen motivierenden Nebensatz dazu. Und das Beste: Wer teilt, bekommt auch etwas zurück. Wenn jede und jeder die eigene digitale Schatzkiste hin und wieder öffnet, entsteht plötzlich so etwas wie Teamwork. Weniger Aufwand, mehr Qualität, mehr Gelassenheit. Also: Sei kriminell – und stiehl. Pädagogisch absolut vertretbar. Zumindest in diesem Fall.
Fazit: Abkürzen, abschauen und rumsitzen sind erlaubt.
Und genau dafür gibt es sie – diese kleinen, unscheinbaren Hacks. Sie nehmen dir nicht die Arbeit ab, aber sie nehmen dir zumindest das Gefühl, alles alleine stemmen zu müssen und das ist oft schon genug. Also wenn du das nächste Mal wieder im Bett liegst, der Kopf voll mit Unterricht, E-Mails und unerledigten Aufgaben – dann erinnere dich daran: Du musst das Rad nicht neu erfinden. Du darfst abkürzen. Du darfst tauschen, sitzen, schweigen, delegieren und stehlen (pädagogisch und abgeklärt – ich kann es nicht oft genug betonen).

Aylin Qasim
Aylin Qasim unterrichtet Deutsch und Geschichte an einer Münchner Realschule und berichtet regelmäßig über ihre Eindrücke und Erfahrungen aus dem Lehrerinnenalltag.