Als „Botschafter Bayerns“ fremde Länder entdeckenEin neues Leben in 330 Tagen

Saudade – das ist ein portugiesischer Ausdruck für das melancholisch-nostalgische Erinnern und Verlangen nach einem weit entfernten Ort, einer Person aus der Vergangenheit oder einem Erlebnis, das schon lange zurückreicht. Dieses Wort beschreibt meine Gefühlslage sehr genau, die ich habe, wenn ich an mein Auslandsjahr in Brasilien denke. Doch erst einmal zu mir: Mein Name ist Marleen, ich bin 19 Jahre alt, komme aus Nürnberg und habe dieses Jahr ein duales Studium begonnen. Im Schuljahr 2018/2019 durfte ich als Stipendiatin des Programms „Botschafter Bayerns“ ein Schuljahr in Brasilien verbringen.

Am 08. August 2018 ging es für mich zum Flughafen nach Frankfurt und es war Zeit, sich für ein Jahr von Deutschland und meinem Leben hier zu verabschieden. In Rio de Janeiro angekommen, verbrachte ich zunächst drei Tage in einem Einführungscamp mit etwa 15 weiteren Austauschschülerinnen und -schülern. Danach ging es für mich direkt zum Flughafen und nach São Paulo. Wenig später kam ich in Uberlândia an, wo mich meine Gastfamilie (die übrigens kein Englisch sprach) sehr herzlich begrüßte. Von der ersten Sekunde an fühlte ich mich als Teil der Familie. Schon am nächsten Tag ging ich in die Schule. Trotz sprachlicher Barrieren wurde ich in meiner Klasse von Anfang an sehr freundlich aufgenommen. Die ersten Wochen waren zwar sehr verwirrend für mich, weil die Lehrerinnen und Lehrer in Brasilien geduzt werden und generell sehr entspannt sind, aber nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, war ich traurig, dass es an deutschen Schulen nicht genauso locker zugeht.

Mit Hilfe meiner Gastfamilie und meines Freundeskreises habe ich innerhalb weniger Wochen Portugiesisch gelernt. Das ging tatsächlich viel schneller als gedacht. Zahlreiche Ausflüge haben unter anderem dazu geführt, dass ich in der neuen Sprache schnell sicherer geworden bin. 

Brasilien ist das fünftgrößte Land der Welt, wodurch es natürlich auch sehr vielfältig und faszinierend ist. Mit meiner Gastmama habe ich viele verschiedene Städte besucht, unter anderem Brasília, Rio de Janeiro, São Paulo und Belo Horizonte. Jede Region hat ihren ganz eigenen Charme und ich war begeistert. Überdies habe ich mit meinen Freundinnen und Freunden einen sehr schönen Karneval gefeiert. Uberlândia kannte ich nach einem Jahr genauso gut wie meine Heimatstadt Nürnberg. Kurz vor meiner Rückreise nach Deutschland habe ich dann auch endlich das Bussystem verstanden, das meiner Meinung nach sehr kompliziert ist.

Mein Auslandsjahr war vermutlich das aufregendste, lehrreichste und schönste Jahr meines Lebens. Seit fast zweieinhalb Jahren warte ich nun darauf, wieder für ein paar Wochen in mein brasilianisches Leben einzutauchen und meine Gastfamilie und meine Freundinnen und Freunde, mit denen ich bis heute regelmäßigen Kontakt habe, wiederzusehen. Und wenn Corona mir keinen Strich durch die Rechnung macht, wird sich dieser Traum 2022 endlich erfüllen.