Hospitation im Ausland10.000 Schritte pro Tag auf Lanzarote

Als ich durch Zufall im Newsletter des Kultusministeriums die Möglichkeit entdeckte, für zwei bis drei Wochen an einer ausländischen Schule hospitieren zu können, wurde ich neugierig. Nach einer kurzen Bedenkzeit hielt ich Rücksprache mit meiner Schulleitung, die meine Bewerbung sofort befürwortete, so dass meiner Anmeldung für das Hospitationsprogramm nichts mehr im Weg stand.

Meine Bewerbung für die Hospitation lief über den Pädagogischen Austauschdienst (PAD) und war sehr unkompliziert: Es gab einen vom PAD bereits vorgefertigten Bewerbungsbogen, auf dem auf Spanisch Angaben zu meiner Person, meiner deutschen Schule, meiner Wunsch-Region und Wunsch-Schule abgefragt wurden und ich anschließend meine Motivation zur Teilnahme am Programm kurz darlegte. Diese Unterlagen mussten zusammen mit einem Passbild sowie der Zustimmung der Schulleitung bis Mitte März auf dem Dienstweg bei der Schulbehörde eingereicht werden. Der PAD kümmerte sich anschließend um die Auswahl der Bewerbungen sowie um die passende Zuteilung, für mich war erst einmal nichts weiter zu tun.
Anfang Juli erhielt ich dann die Zusage für eine Hospitation in einer meiner drei angegebenen Wunsch-Regionen, nämlich auf den Kanarischen Inseln.

Bild: Küstenlandschaft Lanzarotes
© Sophie Hofmann

Nachdem ich mit der Schule Kontakt aufgenommen hatte, ging es daran, meinen Aufenthalt zu planen. Die Terminfindung gestaltete sich jedoch schwieriger als vermutet: Abiturtermine, Klassenfahrten, Ferien und Zeugnistermine. Letztendlich legte ich meine zweiwöchige Hospitation zur Hälfte in die Osterferien, denn die Spanier hatten zu diesem Zeitpunkt bereits wieder Schule. So konnte ich für meine deutschen Kolleginnen und Kollegen einige Vertretungsstunden vermeiden. Während meiner Abwesenheit versorgte ich meine Klassen mit Arbeitsaufträgen, die die Kurse der Oberstufe in Eigenregie und die restlichen Klassen in den Vertretungsstunden erledigten. Einige Stunden konnten dankenswerterweise auch durch Seminarreferendare, die sich zu diesem Zeitpunkt im ersten Ausbildungsabschnitt befanden, abgedeckt werden.

Anschließend musste ich mich nur noch um meine Flugtickets kümmern, alles andere organisierten die spanischen Lehrkräfte für mich: Die Direktorin und eine weitere Kollegin erklärten sich sofort bereit, mich für je eine Woche bei sich zu Hause aufzunehmen. Eine andere Kollegin lieh mir für die Zeit meines Aufenthaltes ihr Auto. Da es keine finanziellen Zuschüsse für die Reise und Unterkunft gab, nahm ich diese Angebote natürlich sehr gerne an.

Bild: Haupteingang der Schule
© Sophie Hofmann

Und so flog ich Mitte April voller Erwartungen nach Arrecife, der Hauptstadt von Lanzarote, wo ich am Flughafen direkt von der Deutschlehrerin und der Direktorin des Instituto de Educación Secundaria Tías (I.E.S. Tías) in Empfang genommen wurde.
In den folgenden Tagen lernte ich den spanischen Schulalltag kennen: Am ersten Tag wurde ich dem gesamten Lehrerkollegium vorgestellt und herzlich empfangen. Sofort durfte ich nicht nur im Deutschunterricht hospitieren, sondern wurde auch in viele andere Schulfächer wie Lengua y Literatura, Musik, Französisch oder Geschichte eingeladen. Oft war ich aktiv in den Unterricht eingebunden und berichtete über das Schulsystem oder den Schulalltag in Deutschland. Die spanischen Schülerinnen und Schüler stellten dazu interessiert Fragen, wodurch ein spannender Austausch entstand.

Während meines Hospitationsaufenthalts sind mir einige grundlegende Unterschiede im Hinblick auf das Schulsystem aufgefallen: Das I.E.S. Tías folgt dem Prinzip der Gesamtschule, weshalb bis zum Ende der Schulpflicht mit 16 Jahren ein Großteil der Schülerschaft gemeinsam in einer Klasse unterrichtet wird. Erst nach dem Abschluss der allgemeinen Schulpflicht wählen die Jugendlichen zwischen einer Berufsausbildung, einem berufsvorbereitenden Aufbaukurs oder dem Weg, der sie zum Bachillerato (Abitur) führt. Dadurch sind innerhalb eines Kurses stets große Leistungsunterschiede spürbar, vor allem im Sprachunterricht, der nur zweistündig und nicht konsequent einsprachig stattfindet.
Im Unterschied zur mehrheitlich deutschen Unterrichtsgestaltung, besteht die spanische doch noch stark aus einem lehrerzentrierten Vortrag und Frontalunterricht. Das Verhältnis zwischen den Schülerinnen und Schüler und ihren Lehrkräften erschien hingegen sehr vertraut und freundschaftlich. Lehrkräfte werden stets mit Vornamen und „du“ angesprochen, was jedoch keinesfalls ein Zeichen mangelnden Respekts ist.

Bild: Hafen und Landschaft Lanzarotes
© Sophie Hofmann

Auch außerhalb des Unterrichts konnte ich interessante Eindrücke sammeln und verschiedene schulische Aktivitäten erleben, zum Beispiel eine Lesung anlässlich des Internationalen Tag des Buches, bei der verschiedene Bücher von Nobelpreisträgern vorgestellt wurden. Oder einen schulinternen Wettkampf für die gesamte Schulfamilie, für den 14 Tage lang jeden Tag mindestens 10.000 Schritte erzielt werden mussten.
Neben all diesen schulischen Eindrücken hatte ich das Glück, die Nachmittage und Wochenenden für zahlreiche Ausflüge nutzen zu können. Auf meinen Erkundungstouren konnte ich dabei viele kulturelle und landeskundliche Besonderheiten der Insel erleben und meine interkulturelle Kompetenz stärken. Meine spanischen Kolleginnen und Kollegen integrierten mich auch direkt in ihren Alltag und luden mich zu Konzerten, Ausstellungen oder Strandausflügen ein. So vergingen die zwei Wochen wie im Fluge.

Alles in allem war meine Hospitation auf Lanzarote eine wirklich interessante und spannende Zeit, in der ich viele neue Erfahrungen sammeln konnte. Insbesondere die große Gastfreundschaft und die herzliche Aufnahme durch die spanischen Kolleginnen und Kollegen haben mir viele Einblicke ermöglicht, von denen ich im Unterrichtsalltag in Deutschland immer wieder profitieren kann. Auch von meinem deutschen Kollegium wurden mir nach meiner Rückkehr einige interessierte Fragen zum Ablauf der Hospitation und zu meinen Erfahrungen gestellt. Rückblickend kann ich die Teilnahme am Hospitationsprogramm nur empfehlen.

Sophie Hofmann

Sophie Hofmann

Spanisch- und Französischlehrerin Sophie Hofmann unterrichtet am Armin-Knab-Gymnasium Kitzingen. Zum Zeitpunkt ihrer Hospitation auf Lanzarote war sie am Jack-Steinberger-Gymnasium Bad Kissingen tätig.

Sofern Sie uns Ihre Einwilligung erteilen, verwenden wir Cookies zur Nutzung unseres Webanalyse-Tools Matomo Analytics. Durch einen Klick auf den Button „Zustimmen“ erteilen Sie uns Ihre Einwilligung dahingehend, dass wir zu Analysezwecken Cookies (kleine Textdateien mit einer Gültigkeitsdauer von maximal zwei Jahren) setzen und die sich ergebenden Daten verarbeiten dürfen. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in unserer Datenschutzerklärung widerrufen. Dort finden Sie auch weitere Informationen.