SchulalltagWenn man als Lehrkraft ins Fettnäpfchen tritt

Die Musik-App läuft auf Shuffle und plötzlich erklingen die vertrauten Töne von Elton John. Ich bin kein glühender Fan, aber ein Song von ihm hat mich stets begleitet, nämlich die Coverversion von Sorry Seems to Be the Hardest Word von der Band Blue. Ich war gerade mal zwölf, als sie herauskam. Mit zwölf Jahren entschuldigt man sich nicht wirklich, vor allem nicht aufrichtig und nicht bewusst. Mein pubertäres Ich brachte Entschuldigungen höchstens trotzig und mit hochrotem Kopf über die Lippen. Heute, mit 34, weiß ich: Entschuldigungen sind nichts Selbstverständliches. Man muss sie lernen. Sie reifen mit den Erfahrungen, die das Leben uns abverlangt. Und der Ton macht die Musik. Und wenn du deine Entschuldigung nicht wie Elton John singen kannst, musst du dir andere Strategien überlegen.

Mir war lange nicht bewusst, wie oft man sich in meinem Beruf als Lehrkraft in Situationen wiederfindet, in denen eine Erklärung oder gar eine Entschuldigung nötig ist. Sei es gegenüber Schülerinnen und Schülern, Eltern oder bei Kollegen-Missverständnissen. Fehlkommunikation und menschliche Fehler gehören zum Alltag. Ob das in anderen Berufen genauso ist? Ich kann es nicht mit Gewissheit sagen. Doch das Schulwesen hat eine eigene Dynamik: Hier treffen Erwartungen, Emotionen und unterschiedliche Perspektiven täglich aufeinander. Entscheidungen müssen oft schnell getroffen werden und nicht immer verlaufen Gespräche so, wie man es sich wünscht. Da bleibt es nicht aus, dass man sich hin und wieder eingestehen muss, dass man mit einer Situation besser hätte umgehen können. Manchmal handelt man impulsiv und will schnell eine Lösung bieten und merkt erst im Nachhinein, dass man sich vorher besser absprechen hätte sollen. Es passiert schneller, als man denkt: ein gut gemeinter Kommentar in einer Besprechung, eine spontane Entscheidung für eine Klasse oder ein vorschnelles Eingreifen in einen Konflikt. Man meint es gut und merkt manchmal zu spät, dass man nicht allein auf dem Spielfeld steht. Das Motto „Lieber um Verzeihung bitten, als vorher um Erlaubnis fragen“ ist ein Spiel mit dem Feuer und in unserem Beruf kontraproduktiv.

Eine gute Entschuldigung im Schulalltag kann viel bewirken – sei es gegenüber Schülerinnen und Schülern, Kolleginnen und Kollegen oder Eltern. Hier sind fünf Tipps, wie man sich aufrichtig und professionell entschuldigen kann:

Eine Entschuldigung sollte weder überdramatisiert noch heruntergespielt werden. Ein schlichtes und ernst gemeintes „Es tut mir leid, das war nicht in Ordnung“ reicht oft aus, um die Situation zu klären. Entschuldigen will gelernt sein, aber im Schulalltag gehört es einfach dazu. Und am Ende zählt weniger die Perfektion als die Ehrlichkeit dahinter. Andererseits sollte man auch die Fähigkeit haben, eine Entschuldigung anzunehmen. Verletzte Gefühle sind verständlich und dürfen Raum haben, doch gekränkter Stolz ist kein guter Ratgeber. Wer noch nicht bereit ist, zu verzeihen, kann um Zeit bitten, um das Geschehene erst einmal innerlich zu verarbeiten und dann nochmal aktiv das Gespräch suchen. Aber Vorsicht: Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird es, den Faden zueinander nicht abreißen zu lassen. Schweigen schafft Distanz und aus einem kleinen Riss kann mit der Zeit ein tiefer Graben werden. Wer um Zeit bittet, sollte daher auch signalisieren, dass die Tür zum Gespräch offen bleibt.

Letztendlich will ich mich nicht auf ein Podest stellen, auch ich mache Fehler. Immer wieder finde ich mich in Situationen wieder, in denen ich mich entschuldigen muss, auf eine Entschuldigung warte oder trotzig und gereizt reagiere. Gerade im Schulalltag ist das keine Seltenheit. Es sind viele Menschen und viele unterschiedliche Persönlichkeiten, die aufeinandertreffen. Oft bleibt kaum Raum zum Innehalten, besonders im Lehrerzimmer, wo Rückzugsmöglichkeiten rar sind und sich Konflikte nicht einfach aussitzen lassen.

Gerade deshalb ist es mir wichtig, eine Atmosphäre zu schaffen, in der man sich ehrlich begegnen kann, mit Respekt, mit einem gewissen Maß an Gelassenheit und der Bereitschaft, Konflikte nicht aufzubauschen, sondern aufzulösen. Dazu gehört auch, sich gegenseitig Fehler zuzugestehen. Niemand ist immer souverän, weder Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, noch Kolleginnen und Kollegen. Aber wer bereit ist, Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen, zeigt Stärke. Und wer ein klärendes Gespräch sucht, anstatt Mauern zu bauen, trägt zu einem Schulklima bei, in dem man sich langfristig wohlfühlen kann, auch wenn es mal knirscht.

Aylin Qasim

Aylin Qasim

Aylin Qasim unterrichtet Deutsch und Geschichte an einer Münchner Realschule und berichtet regelmäßig über ihre Eindrücke und Erfahrungen aus dem Lehrerinnenalltag.

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