SchulberatungSoziales Miteinander stärken – aber wie?

17,9 % aller Schülerinnen und Schüler im Alter von 7 bis 20 Jahren gaben 2022 an, mehrmals in der Woche oder täglich in der Schule Opfer von Mobbing gewesen zu sein (Quelle: Cyberlife). Dies geht uns somit alle an: Betroffene, Akteure, Mitschüler und Mitschülerinnen, Eltern, Lehrkräfte, Schulleitungen … die ganze Schulfamilie!

Fakten zu Mobbing:

Bild: •	Mobbing ist ein Gruppenphänomen.
•	Die oder der Betroffene kann sich nicht aus eigener Kraft aus der Situation befreien.
•	Es gibt verschiedene Rollen beim Mobbing: Akteure, Betroffene, Verstärker, Assistenten, Verteidiger und Zuschauer – oft die schweigende Mehrheit.
•	Die Rollenzuteilungen manifestieren sich im Prozess von der Testphase, über die Konsolidierungsphase hin zur Manifestationsphase.
•	Mobbing hängt vom individuellen Bewertungssystem der jeweiligen Klasse ab.
•	Lehrkräfte nehmen über ihre pädagogische Haltung aktiv Einfluss auf Klassennormen.
•	Geschulte Lehrkräfte erkennen Mobbing früher.

Der Begriff Mobbing wird selten trennscharf von Jugendlichen benutzt. Spricht man Jugendliche z. B. bei beobachteten Vorfällen im Pausenhof an, so verharmlosen oft die Beteiligten und zum Teil auch die Betroffenen selbst die Situation – sie „machen nur Spaß“. Die oben zitierte Studie zeigt jedoch klar auf, dass mehr als ein Sechstel der befragten Schülerinnen und Schüler mehrfach in der Woche geärgert, drangsaliert, beleidigt, schikaniert, geschubst, gestoßen, gehänselt, ausgeschlossen, ignoriert werden oder über sie Gerüchte verbreitet werden. Es werden hier Werte, Normen und grundlegende Umgangsregeln nicht eingehalten.

Quintessenz: An jeder Schule gibt es Mobbing! Deswegen braucht es genügend Raum und Zeit für die Stärkung der Klassengemeinschaft – insbesondere bei Klassenneubildungen – und für die aktive Auseinandersetzung mit dem Thema.  Ziel ist es einerseits präventiv Mobbing zu begegnen und anderseits – falls es doch passiert - allen im Mobbingprozess Beteiligten konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Was kann z. B. die schweigende Mehrheit tun?

Bild: Strichmänchen stehen im Kreis und halten sich die Hände.
© Rathsam

Programme, die das soziale Miteinander fördern

Bei den vorgestellten Präventionsprogrammen wird – unter aktiver Anleitung der Klassenlehrkraft – die Klassengemeinschaft gefördert u. a. durch gruppendynamische Einheiten. Gegenseitiges Kennenlernen, gegenseitige Akzeptanz und das Erkennen des Mehrwerts von Vielfalt in einem Klassenverband wird von Beginn an unterstützt. Das alles, bevor ungünstige Dynamiken in der Testphase der Gruppenfindung überhaupt entstehen können. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, den Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass es nicht darum geht, mit allen Mitschülerinnen und Mitschülern befreundet zu sein, sondern respektvoll miteinander umzugehen. 

Die Programme thematisieren ganz explizit „das Miteinander“ (Grundschule) bzw. „Mobbing“ (weiterführende Schulen) und stellen Handlungsmöglichkeiten vor. Was kann ich als Betroffene bzw. Betroffener tun? Wie kann ich als Mitschüler bzw. Mitschülerin aktiv helfen?  

Programme für die Grundschule: „TEAMGEISTER“ und „Eigenständig werden“

Sowohl TEAMGEISTER als auch Eigenständig werden stellen ein universelles Präventionsprogramm zum sozialen und emotionalen Lernen im Grundschulbereich dar, das sich kontinuierlich über alle vier Jahrgangsstufen erstreckt. Jede Einheit erfolgt in drei Schritten: Die Kinder werden mit bestimmten Aufgaben aktiviert, sie tauschen sich gegenseitig darüber aus und machen somit Erfahrungen mit sich selbst und mit anderen Kindern in der Gruppe. Gemeinsam werden diese Erfahrungen dann reflektiert. Es werden u. a. Einheiten zu Verschiedenheit, Gemeinschaft, Umgang mit Konflikten und Kommunikation bearbeitet und so aktiv die Lebenskompetenzen gestärkt. Die Lehrkräfte werden für diese Programme extern geschult. Weiterführende Infos finden Sie auf den Seiten der jeweiligen Programme.

Programm für weiterführende Schulen: „Gemeinsam Klasse sein“

Das mehrtägige Präventionsprogramm Gemeinsam Klasse sein ist geeignet für die Klassenstufen 5-7 aller Schularten und stellt eine Kooperation des Bayerischen Kultusministeriums und der Techniker-Krankenkasse dar. Mittels eines 15minütigen-Films, der konkret einen entstehenden Mobbingprozess darstellt, werden Merkmale, Dynamiken und konkrete Handlungsmöglichkeiten im Klassenverband gemeinsam erarbeitet, besprochen und reflektiert. Mittels Gruppenphasen und gruppendynamischer Übungen wird gezielt die Klassengemeinschaft gestärkt. Das Programm klärt über rechtliche Aspekte auf und bezieht die Eltern sowie weitere Mitglieder der Schulfamilie aktiv mit ein. Das ausführliche Material wird von der Techniker-Krankenkasse nach einer Schulung der Lehrkräfte digital zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen zu Schulungen und dem Programm finden Sie unter der für Sie zuständigen staatlichen Schulberatungsstelle im Bereich „Mobbing“. 

Bild: Ein Strichmännchen legt seinen Kopf auf die Arme und schaut nach oben.
© Rathsam

Wichtig anzumerken ist, dass beide Programme keine Maßnahmen darstellen, die im akuten Mobbingfall in einer Klasse angewandt werden sollten. Somit drängt sich die Frage auf: „Was kann ich konkret bei Mobbing tun?“

Was mache ich, wenn ich gemobbt werde?

Das Wichtigste ist: Vertraue dich jemandem an. Ob Mama, Papa, Geschwistern, weiteren Familienmitgliedern, Freunden und Freundinnen, Lehrkräften, Vertrauenslehrkräften, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Schulpsychologinnen und Schulpsychologen. Suche dir jemanden, dem du vertraust und von dem du ausgehst, dass er dir helfen wird. Du bist nicht alleine! Solltest du niemanden aktiv in deinem Umfeld kennen oder hier keine Hilfe aktiv bekommen, dann kannst du folgende Telefonnummer wählen:

„Nummer gegen Kummer“: 116 111 (Mo-Sa 14:00-20:00 Uhr)

Die Personen bei der „Nummer gegen Kummer“ besprechen mit dir die Situation (auch anonym) und gehen mit dir mögliche Handlungsschritte durch.

Was mache ich, wenn mein Kind in der Schule gemobbt wird?

Kontaktieren Sie nicht die Eltern des Akteurs bzw. der Akteurin, sondern suchen Sie sich ein Unterstützungsnetzwerk. Kontaktieren Sie Ansprechpartnerinnen bzw. Ansprechpartner in der Schule, am besten die Klassenlehrkraft. Dokumentieren Sie die Vorfälle (Wer? Wann? Wo? Was?) und fertigen Sie ggf. Screenshots der Chats an. Sie finden hierzu weiterführende Hinweise auf der Homepage des Bayerischen Kultusministeriums. 

Was mache ich, wenn ein Kind in meiner Klasse gemobbt wird?

Sollten Sie Beobachtungen machen, schließen Sie sich mit Ihren Kolleginnen und Kollegen kurz und suchen Sie sich ein schulisches Unterstützungsnetzwerk (z. B. Beratungsfachkräfte, oder eine Person aus der Sozialarbeit). Besprechen Sie im Team, wie das weitere Vorgehen aussehen wird.

Sollte sich ein Kind Ihnen anvertrauen, so stellt dies ein großes Vertrauen zu Ihnen dar. Werden Sie nicht hektisch, sondern handeln sie besonnen und ruhig vor dem Kind.

Bitte denken Sie in beiden Fällen bei akuter Gefahr immer an den Opferschutz. In der Handreichung „Mit Mut gegen Mobbing“ des ISB finden Sie Empfehlungen zum strukturierten Vorgehen bei Mobbing in der Klasse.

Bild: Man sieht ein Dreieck, in dem
© Rathsam

An jeder der neun Staatlichen Schulberatungsstellen in Bayern gibt es Ansprechpersonen, die auf den Bereich Mobbing spezialisiert sind. Die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner des Landesprojekts „Mit Mut gegen Mobbing" stehen sowohl Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften als auch Eltern zur Verfügung. Du findest sie auf der Homepage der Schulberatungsstelle

Scheue dich nicht Kontakt aufzunehmen. Du bist nicht allein!

Sonja Koebke

Sonja Koebke

Frau Sonja Koebke ist sowohl als zentrale Schulpsychologin fürs Gymnasium und Koordinatorin für das Landesprojekt „Mit Mut gegen Mobbing“ an der Staatlichen Schulberatungsstelle München Stadt und Landkreis tätig als auch am Gymnasium Kirchheim bei München.

www.schulberatung.bayern.de

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