ReferendariatSie wurden folgender Schule zugeteilt …

„Hey Aylin, hast du schon das Portal gecheckt? Der Ort des Vorbereitungsdienstes ist online!“
 

Ja, da steht er nun: der Einsatzort. Ein Ort, der nicht deinem Wunschort entspricht. Mist. Jetzt machst du noch den Fehler und checkst die Google-Bewertungen der Schule, für die du zugeteilt wurdest und die natürlich hauptsächlich von gefrusteten Schülerinnen und Schülern geschrieben wurden. Dann gehst du ins Internet und recherchierst Wohnungen innerhalb deines Budgets. Budget? Was verdiene ich überhaupt während des Referendariats? Wie muss ich mich eigentlich versichern? Was bleibt am Ende übrig? Vielleicht doch lieber eine WG? Fragen über Fragen. Dein Kopf platzt.

Bleib Cool. Dieser Artikel wird dir helfen.

Auf dem Foto sieht man zwei junge Frauen, Lehrerinnen, die Arm in Arm in einem Gang stehen und in die Kamera lächeln.
© Aylin QasimMeine ehemalige Refi-Kollegin (und sehr gute Freundin) Theresa und ich an unserem letzten Tag an der Seminarschule.

So, wie wir es von unseren Großeltern kennen, kommt an dieser Stelle erst einmal ein kurzer Lebensrückblick: (Ab hier mit alter und rauer Stimme lesen.) Es liegt noch gar nicht so lange zurück (2020), da war ich in der gleichen Situation wie viele angehende Referendarinnen und Referendare. Das Bangen und die Nervosität begleiteten mich über Wochen. Im ersten Jahr, dem Seminarjahr, hatte ich Glück und bin in die nächstgelegene Stadt gekommen. Im Einsatzjahr hingegen musste ich knapp 300 km weiter wegziehen. Mit der Ungewissheit über die Wohnungssuche und die Besoldungssumme, habe ich viele Facebook-Gruppen (Ja, Facebook!) durchforstet, um an Tipps und Informationen heranzukommen. (Ab hier wieder normal lesen.) Ich bin immer noch eine stille Mitleserin dieser Gruppen und es freut mich zu sehen, dass viele sie immer noch nutzen, um sich auszutauschen. Aber vielleicht hilft auch dieser Leitfaden einer Ex-Referendarin und jetzt Junglehrerin in München, um erste Fragen zu klären und mögliche Ängste oder Vorurteile zum Vorbereitungsdienst aus dem Weg zu schaffen. Let's go! 

1. Über Geld spricht man!

Da ich vermeiden möchte, dass einige meine Ironie nicht immer erkennen, bleibe ich bei diesem wichtigen Thema ausnahmsweise mal sachlich. Vielleicht hast du schon entdeckt, dass die Besoldungstabellen auf der Homepage des Landesamts für Finanzen verfügbar sind. Je nach Schulart – in meinem Fall Realschule – kannst du dort einsehen, was du als Referendarin oder Referendar im Seminar- und im Einsatzjahr verdienst.

Demnach verdienst du als Referendar oder Referendarin im Bereich der Realschulen im Seminarjahr den folgenden sogenannten Anwärtergrundbetrag:
Anwärtergrundbetrag brutto: A13 = 1.585,21 €

Was wird abgezogen bzw. wieviel davon bleibt übrig?

Zunächst solltest du eine private Krankenversicherung abschließen. Wie du dabei am besten vorgehst, kannst du weiter unten dem zweiten Punkt entnehmen. Diese beläuft sich auf ca. 100 Euro monatlich, abhängig vom Anbieter und persönlichen gesundheitlichen Eigenschaften. Außerdem werden knapp 100 Euro Lohnsteuer (Lohnsteuerklasse I) abgezogen. Falls du in der Kirche bist, fällt für die Kirchensteuer ein geringerer Beitrag an, der sich auf ungefähr 10 Euro pro Monat beläuft.

Beispiel-Rechnung eines durchschnittlichen Anwärtergrundbetrages für A13 im Seminarjahr /
ledige Person (pro Monat)

Anwärtergrundbetrag (brutto)                                          1.585,21 €
Private Krankenversicherung                                            - 100,00 €
Lohnsteuer (Klasse I)                                                         - 100,00 €
Kirchensteuer                                                                       - 10,00 €
Anwärtergrundbetrag (netto)                                      = 1.375,21 €

(ungefähre Werte, Stand: August 2023)
 

Wie sieht es im Einsatzjahr aus?

Der Grundbetrag bleibt auch im zweiten Teil des Vorbereitungsdienstes, dem Einsatzjahr, bestehen. Im zweiten Ausbildungsjahr hältst du wöchentlich bis zu 17 Stunden eigenverantwortlichen Unterricht. Davon deckt der Grundbetrag zehn Stunden, die restlichen sieben Stunden werden zusätzlich mit jeweils 31,37 Euro brutto (bei A13) vergütet. Falls du weniger als 17 Stunden arbeitest, aber mehr als zehn Wochenstunden eigenverantwortlichen Unterricht hältst, bekommst du auch für diese Mehrstunden eine Unterrichtsvergütung. Genaueres kannst du dem folgenden Link entnehmen: www.realschulebayern.de

Beispiel-Rechnung der durchschnittlichen Bezüge A13 im Einsatzjahr / ledige Person (pro Monat)

Anwärtergrundbetrag (netto)                                            1.375,21 €
Zeitbezüge: 21 Stunden* à 31,37€                                  + 658,77 €
Lohnsteuer                                                                        - 170, 00 €
Bezüge (netto)                                                                          =  1.863,98 €

*In diesem Beispiel beinhaltet ein Monat drei Unterrichtswochen à sieben Wochenstunden. Die aufgeführten Nettobezüge stellen Beispielberechnung dar, die je nach Einzelfall individuell unterschiedlich ausfallen.
 

Gar nicht so schlecht, oder? Aber Achtung: Auch wenn diese Summe stattlich ist, so ist sie monatlich variabel. Die Mehrstunden werden logischerweise nur gezahlt, wenn diese auch wirklich gehalten werden. Dementsprechend können sie weder in den Ferien noch an gesetzlichen Feiertagen abgeleistet werden. Zu den Einschränkungen zählen auch die Seminartage im Einsatzjahr. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich meistens einen Betrag zwischen 1.600 Euro und 1.750 Euro netto monatlich bezogen.

2. Die Krankenversicherung: Das solltest du beachten

Ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich persönlich mag keine Versicherungen. Vom unangenehmen Smalltalk bis hin zu den persönlichsten Fragen, die ich noch nicht mal bei einem (gut laufenden) Date beantworten würde, ist es einfach nur unangenehm. Aber wichtig und richtig. Die Entscheidung für die richtige private Krankenversicherung ist ein Schritt, der sorgfältige Überlegungen erfordert.

Hier sind einige Tipps, die dir bei der Wahl der richtigen Krankenversicherung helfen können:

Abschließend ist es wichtig, dass du dir ausreichend Zeit nimmst, um die verschiedenen Versicherungsangebote zu vergleichen und eine fundierte Entscheidung zu treffen.

3. Der Umzug – Speedy Gonzalez aka Aylin-Version

Oh ja, ich weiß ganz genau, wie du dich fühlst. Du hast knapp fünf Wochen Zeit zum Umziehen. Im schlimmsten Fall hast du deine aktuelle Wohnung noch nicht gekündigt, weil die geringe Hoffnung bestand, dass du an deinem Wunschort bleiben kannst (Hach, als ob mir jemals sowas passiert ist …).  Diese Situation erscheint dir gerade jetzt vielleicht furchteinflößend, aber aus meinen Erfahrungen und den von anderen, kann ich dazu nur sagen: Es ist halb so schlimm!

Ja, der August geht mehr oder weniger flöten und ja, der Umzug wird stressig und jaaaa, es ist und bleibt eine emotional schwierige Lage. Zunächst. Und bevor ich mit Aylin'schen Weisheiten um mich werfe, kommt der wichtigste Ratschlag zuerst: Akzeptiere die Situation, wie sie ist. Dann fallen dir die folgenden Ratschläge umso leichter:

Eine Entscheidung unter folgenden Optionen solltest du tatsächlich vorab treffen: Alte Wohnung behalten und pendeln, untervermieten oder kündigen? Hier findest du die Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten kurz zusammengefasst:

Pendeln:

Setze dir eine persönliche Grenze, welche Orte für dich gut erreichbar sind und welche nicht. Beachte hierbei auch das hohe Arbeitspensum und dass du genug Zeit brauchen wirst, um dich zu entspannen. Wenn du über eine Stunde (einfach) zur Arbeit brauchst, sollte es meiner Meinung nach wohlüberlegt sein. 

Untervermietung:

Das ist ein Pokerspiel. Es kann sein, dass du im Einsatzjahr oder für deine Planstelle wieder zurückkehren kannst, aber ehrlicherweise würde ich mich nicht darauf verlassen. Untervermietung macht nur Sinn, wenn die Vertragsbedingungen genauestens festgelegt sind und der Vermieter mit den Bedingungen einverstanden ist. Durch die unvorhersehbaren Umstände ist eine Untervermietung jedoch im Zweifel zu kompliziert und kaum empfehlenswert. 

Kündigung und Umzug:

Anfangs eine schwere Entscheidung, die mit viel Stress verbunden und kostenintensiv ist. Sie rechnet sich aber positiv auf das Jahr gesehen. Du bist vor Ort, lernst neue Menschen kennen und sparst Pendelzeit und -kosten ein. Zudem kannst du die Umzugskosten von der Steuer absetzen. 

Wie finde ich eine Wohnung?

Es gibt viele Möglichkeiten, schnell an eine Wohnung zu kommen. Ich bin in den letzten vier Jahren viermal umgezogen und habe folgende Tipps für den Umzug:

Über die Schule:

Sobald du einer Schule zugewiesen wurdest, kommt es normalerweise telefonisch zu einem Erstkontakt. Ich habe im ersten Gespräch mit dem Sekretariat gleich nach verfügbaren Wohnungen gefragt und mir wurden Kontaktdaten von Vermieterinnen und Vermietern weitergegeben. Diese wissen Bescheid, dass die Wohnungen zum Teil nur für ein Schuljahr benötigt werden und bieten die Zimmer/Wohnungen teils möbliert für einen geringeren Mietpreis an.  

Online:

Führende Seiten wie Immobilienscout, Immowelt oder WG-Gesucht sind klassische Wege, eine Unterkunft zu finden. Ich persönlich empfehle ein Wohnungsgesuch. Darin stellst du dich kurz vor, beschreibst die Eckdaten deiner gewünschten Unterkunft und stellst am besten ein freundliches Foto von dir rein. Ja, diese Option hat den Nachteil, Persönliches von sich im Internet offen zu legen. So bin ich aber ganz ohne Massenbesichtigungstermine an schöne Wohnungen gekommen. 

Facebook:

Fällt zwar unter den Punkt „Online“, aber wichtig genug, um es einzeln hervorzuheben. Es gibt diverse Facebook-Gruppen für Lehrkräfte in Bayern, die unter anderem auch Wohnungen vermitteln. Der Pool ist hierbei nur auf Lehrkräfte begrenzt und dementsprechend leichter zugänglich.

Zeitungen:

Sehr oldschool, aber auch hier bietet es sich an, ein Wohnungsgesuch zu veröffentlichen. Es ist auf jeden Fall ein Versuch wert. 

Sonstige Ratschläge:

- ​Bleib transparent: Informiere den Vermieter oder die Vermieterin vorab über die begrenzte Mietdauer.

- Melde dich um: Melde deinen Hauptwohnsitz an, damit auch deine Bezüge richtig abgerechnet werden. In München erhältst du beispielsweise eine Ballungsraumzulage.

- Ziehe vor Schulbeginn um: Die ersten Wochen sind zu turbulent, um einen Umzug zu organisieren. Aktiviere genug Hilfe, damit du entlastet wirst.

- Dienstbefreiung aufgrund des Umzugs: Kläre mit deiner Schulleitung ab, ob dir ein Umzugstag als Dienstbefreiung zusteht.

Zum Schluss eine kleine Anekdote

Drei festlich gekleidete Frauen stehen vor einem goldenen Hintergrund und lächeln frontal in die Kamera.
© Aylin QasimMeine ehemaligen Schülerinnen und ich bei der diesjährigen Abschlussfeier.

Meine Mutter und ich saßen auf der Couch und haben die Serie How I met your Mother angeschaut, als genau diese Nachricht von einer Kollegin kam „Die Einsatzschulen sind online!“. Ich war superhektisch und mit zittrigen Händen öffnete ich das Portal: Sie wurden der Realschule in Brannenburg zugewiesen.

Ich, wohnhaft in Nürnberg, öffnete erstmal GoogleMaps in der Hoffnung, dass Brannenburg sich irgendwo in Mittelfranken befindet. Ich konnte meinen Augen nicht trauen, also ab auf Wikipedia. Dort wurde eine Deutschlandkarte angezeigt, die mit einem roten Punkt die Lokalisation des Ortes Brannenburg markierte. Das Erste, was ich meiner Mutter unter Tränen sagte, war: „Ich glaube, ich muss für mein Einsatzjahr nach Österreich.“ Meine Mama, die beste aller Zeiten, war mir eine große Hilfe und schmunzelte über meinen Hang zur Dramatik. (Das beschauliche Brannenburg liegt in Oberbayern im Landkreis Rosenheim). Ich glaube, sie wollte den Augenblick filmen, hat es aber leider nicht gemacht. Leider? Ja, leider, denn:

Das Einsatzjahr in Brannenburg war eine meiner schönsten Schulerfahrungen. Ich habe es dort geliebt. Die Lebensart, die Kolleginnen und Kollegen und die Schülerinnen und Schüler. So sehr, dass ich dieses Jahr nochmal auf den Abschlussball meiner ehemaligen Klassen gegangen bin und mit ihnen gefeiert habe. Hätte ich in dem Augenblick der Zuteilung gewusst, wie schön mein Leben dort werden sollte, hätte ich mich von Anfang an nicht so verrückt gemacht, und hätte keine Tränen der Trauer, sondern der absoluten Vorfreude vergossen.

Aylin Qasim

Aylin Qasim

Aylin Qasim unterrichtet Deutsch und Geschichte an einer Münchner Realschule und berichtet regelmäßig über ihre Eindrücke und Erfahrungen aus dem Lehrerinnenalltag.

Sofern Sie uns Ihre Einwilligung erteilen, verwenden wir Cookies zur Nutzung unseres Webanalyse-Tools Matomo Analytics. Durch einen Klick auf den Button „Zustimmen“ erteilen Sie uns Ihre Einwilligung dahingehend, dass wir zu Analysezwecken Cookies (kleine Textdateien mit einer Gültigkeitsdauer von maximal zwei Jahren) setzen und die sich ergebenden Daten verarbeiten dürfen. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in unserer Datenschutzerklärung widerrufen. Dort finden Sie auch weitere Informationen.