Erinnerungsarbeit und politische BildungEin Schüler-Comic gegen Antisemitismus

Wie ist der Comicroman „Jesuran“ entstanden?

Durch eine Reihe von Zufällen trafen zwei Familien aufeinander, die ohne ihr Wissen mit einem Haus in Nürnberg verbunden waren. Schüler:innen des Dürer-Gymnasiums untersuchten in einem P-Seminar die Geschichte des Hauses und beschäftigten sich zugleich mit dem Schicksal der Familie Jesuran. Die heutige Generation der Jesurans, die hauptsächlich in Belgien lebt, wusste wenig über die Vergangenheit und Herkunft ihrer Vorfahren, die unter anderem in Nürnberg lebten.

Neben der Erforschung der lokalen Geschichte eines Nürnberger Stadtteils wurden zahlreiche Interviews mit Nachkommen der Familie Jesuran geführt und viele Dokumente in Archiven und Familientagebüchern gesichtet, in eine chronologische Reihenfolge gebracht und ausgewertet bzw. analysiert.

Was hier so sachlich klingt, war alles andere als eine „normale“ P-Seminararbeit oder Recherchegrundlage, zumal durch die neu gewonnenen Erkenntnisse viele Emotionen entstanden und verarbeitet werden mussten. Nach monatelanger intensiver Forschung konnte mit den wertvollen Erkenntnissen die Arbeit am Comic beginnen, wobei die Herausforderung darin bestand, diesen mit allen gesammelten Informationen auf eine verständliche und angemessene Weise zu gestalten.

Wie kann der Einsatz des Comicromans helfen, die Themen Erinnerungsarbeit und Antisemitismus im Unterricht zu behandeln? 

Zunächst bietet der Comic einen unkomplizierten Zugang für alle Jugendlichen, weil allein die Bilder eine Geschichte erzählen – wenn auch eine ernste. Beim ersten Durchblättern erhält man bereits einen groben Überblick, ohne sich lange einlesen zu müssen. Zahlen und Fakten spielen hier eine untergeordnete Rolle, was vielen Schüler:innen durchaus entgegenkommt. Die Erinnerung an ein menschliches Schicksal, der Umgang mit einer jüdischen Familie durch die Nationalsozialisten, wird auf eine verständliche Weise „erklärt“.

Der Comic konzentriert sich auf die wahrheitsgetreue Illustration der Familie Jesuran während der NS-Zeit und vermittelt durch detaillierte Bilder auch Hintergrundwissen. Es liegt dann an den Lehrkräften, im Unterricht tiefer in die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit einzutauchen, Diskussionen anzuregen und die wertvolle Erinnerungsarbeit mit historischem Gehalt zu füllen. Der Comic hat somit mehrere Funktionen: Neugierde wecken oder bereits Erlerntes zu vertiefen – in jedem Fall schafft er einen Mehrwert und bringt auch etwas Abwechslung in den Unterricht. Obwohl der Comic kein Schulbuch ersetzen kann bzw. will, ermöglicht er eine aufmerksame historische Auseinandersetzung und kann Schüler:innen durchaus sensibilisieren.

Die Schülergruppe des P-Seminars „Jesuran – ein Haus und seine Geschichte“ hatte sich ganz bewusst für den Comic als adäquates Medium entschieden und wollte Geschichte auf andere Weise erfahrbar machen. Das Taschenbuchformat ist leicht zu transportieren und kann überall gelesen werden, ohne dabei den Anspruch zu verlieren, lehrreich und unterhaltsam zugleich zu sein.

Die Erinnerung an die Vergangenheit, einschließlich der Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands, ist für den Erhalt der Demokratie und den Schutz der Menschenrechte von entscheidender Bedeutung. Der Comicroman mit Begleitmaterial und Handreichung können als Publikationen bei der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit bestellt werden.

Tina Braune

Tina Braune ist Lehrerin am Dürer-Gymnasium Nürnberg und war die Projektleiterin des P-Seminars „Jesuran – ein Haus und seine Geschichte“. Zum Comic-Projekt ihrer Schülerinnen und Schüler sagt sie: „Uns ist wichtig, zu erinnern und Vergangenes nicht in Vergessenheit geraten zu lassen: Es sollen in Zukunft viele ‚Jesurans‘ gehört und es muss auf vergessene Einzelschicksale stärker aufmerksam gemacht werden – gerade in heutiger Zeit.“

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